Smarte Systeme statt hoher Stromkosten

Peter Speicher steht hinter einem geöffneten Notebook, im Hintergrund begrünter Innenhof.
Peter Speicher ist Strategic Sales Manager bei der Schweickert GmbH. Bild: Speicher

Peter Speicher, Strategic Sales Manager bei Schweickert, spricht im Nachhaltigkeits-Interview über Vorteile von Gebäudetechnik, Vorbehalte bei Vergabestellen – und den „Störfaktor Mensch“.

Wie kann Elektrotechnik einem Unternehmen helfen, nachhaltiger zu agieren?

Die Produkte der klassischen Elektrotechnik können insoweit unterstützen, als dass man hier energieeffiziente Geräte zum Einsatz bringt. Die Gebäudetechnik hingegen stellt das Thema als Ganzes dar.

Inwiefern?

Bei der modernen Gebäudetechnik werden Gebäudedaten erfasst: Wie wird das Gebäude aktuell oder auch in den kommenden Stunden genutzt, welches Wetter wird erwartet, wie steigen oder fallen gerade die Temperaturen? Ist meine Beleuchtung richtig für den Nutzer und seine Arbeit eingestellt? Und dann werden darauf basierend zielgerichtet Maßnahmen eingeleitet.  Am konkreten Beispiel: Wenn ich die Verschattung nutze und die Lamellen richtig programmiert habe, bekomme ich einerseits genügend Licht in das Gebäude und schütze es andererseits vor Überhitzung - ohne eine energieintensive Klimaanlage hinzuschalten zu müssen. Über Präsenzmelder und Lichtsensoren kann ich zudem die Arbeitsplatzbeleuchtung auf die Nutzeranforderungen einstellen. Über Belegungsprofile im Gebäude kann ich das Klima in nicht genutzten Räumen anders und energieeffizienter ausregeln als in genutzten Räumen – und somit einen wichtigen Teil zum Umweltschutz beitragen.

Wie werden diese Daten erfasst?

Die Gebäudetechnik kann den Nutzungsgrad des Hauses etwa über Infrarotsensoren an den Schreibtischen oder durch „Rüttelsensoren“ erfassen. Oder man bucht einfach die Arbeitsplätze über eine digitale Plattform. Sobald man sich vor Ort einbucht, weiß das System, dass der Platz besetzt ist.

Bringt Automation nicht vor allem erst mal höhere Kosten für Strom, Ersatzteile und so weiter – ist also weniger nachhaltig?

Nicht, wenn man auf der anderen Seite die Einsparpotenziale gegenrechnet und die Technik richtig nutzt. Die Gefahr, dass die geplante Gebäudesteuerung durch menschliche Eingriffe gestört wird, besteht natürlich. Wenn also im Sommer das klimatisierte Gebäude durch geöffnete Fenster und Türen „unnötige“ Wärme herunterkühlen muss. Aber: Wenn im Sommer auch in den ungenutzten Bereichen eines Gebäudes die Rollläden herunterfahren, hilft dies gegen eine unnötige Überhitzung der Gebäudeteile. Oder eben, wenn nur die Plätze beleuchtet werden, die tatsächlich benutzt werden. Das Einsparpotential geht sogar bis in den Bereich der Reinigung hinein: Entweder wird immer das gesamte Gebäude gereinigt, oder das System meldet die tatsächliche Nutzung vorab. Nicht genutzte Bereiche werden dann in einem anderen Zyklus gereinigt. Kosten für Arbeitszeit werden hierbei ebenso eingespart wie Energie oder Reinigungsmittel. Grundsätzlich gilt: Je mehr Ressourcen ich insgesamt verbrauche, desto höher ist mein Energiesparpotenzial. Also ist ein solches System bei großen Gebäuden besonders lohnend. Aber auch in Privathaushalten kann es nützlich und sinnvoll sein.

Ein weiteres Standbein Ihres Unternehmens ist die IT – inwieweit spielt die IT-Infrastruktur in den Bereich der Gebäudetechnik mit hinein?

Natürlich kann man durch Digitalisierung vieles verschlanken, ob im Dokumentenmanagement oder in täglichen Prozessen auch außerhalb der Gebäudetechnik. Aber gerade in der Gebäudetechnik wird die IT immer wichtiger. Für uns als Unternehmen ist die IT der Brückenbau zwischen der Elektrotechnik und der Gebäudetechnik. Mittlerweile gibt es Möglichkeiten, in der die Netze der IT und die der Elektrotechnik in der Gebäudetechnik verschmelzen.

Wie sieht das in Ihrem Firmensitz aus?

Bei uns sind Gebäudetechnik und IT in den ersten Testumgebungen bereits verschmolzen. Wir nutzen in diesen Bereichen die IT-Netze und die W-LAN-Infrastruktur für die Gebäudesteuerung einfach mit. Die Werte der Sensoren aus der Gebäudetechnik werden hierbei durch die IT-Infrastruktur übertragen. Unsere Funksensoren senden an einen USB-Stick im W-LAN Accesspoint. Die Datenübertragung erfolgt über die bestehende IT-Infrastruktur – hier kann man dementsprechend große Synergien nutzen. Die elektrotechnischen Sensoren übertragen ihre Werte ebenfalls direkt ins IT-Netz.

Worauf wurde bei der Ausstattung des Firmensitzes besonderen Wert gelegt? Was ist hier besonders nachhaltig?

Da sind zum einen unsere 50 Geothermie-Bohrungen. Im Sommer wird das Gebäude hierüber mit einer Betonkernaktivierung gekühlt und im Winter geheizt. Das funktioniert durch Rohrleitungen in Boden- und Deckenplatten des Gebäudes, durch die warmes oder kaltes Wasser geleitet wird, das seine Temperatur an das Gebäude weitergibt. Außerdem erzeugen wir über eine Photovoltaik-Anlage einen Teil unseres Stromverbrauchs. Zudem haben wir für unsere E-Fahrzeuge eine Ladeinfrastruktur aufgebaut, welche für unsere Besucher mit einem zusätzlichen Schnelllader ergänzt wird. Unsere Beleuchtung im Gebäude wird über Präsenz- und Helligkeitssensoren gesteuert.

Wie schafft man innerhalb eines Unternehmens eine Kultur, die auf Nachhaltigkeit ausgelegt ist? 

Wir haben immer wieder Projekte, mit denen wir versuchen, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Nachhaltigkeitsgedanken näherzubringen. Zum Beispiel haben wir im vergangenen Jahr gemeinsam Kartoffeln angebaut und dann auch geerntet, und auf dem Parkplatz haben wir dieses Jahr Hochbeete gebaut und mit verschiedenen Gemüsesorten bepflanzt. Damit rettet man nicht die Welt, aber man kann das Thema platzieren und auch ein Bewusstsein schärfen.

Wie sieht die Reaktion im Hinblick auf nachhaltige Lösungen von Kundenseite aus? Werden Mehrkosten gescheut oder akzeptiert?

Gerade bei öffentlichen Auftraggebern ist es schwierig, mit nachhaltigen Produkten einen Auftrag zu erhalten. Nach meiner Wahrnehmung bestimmt der Preis die Beauftragung, nicht aber der Einsatz von nachhaltigen Produkten. Ideal wäre es auch hier, die Lebenszykluskosten stärker in Betracht zu ziehen. Ich denke, dass hier die Kommunen mehr Freiräume in der Auswahl haben und diese auch nutzen sollten. Der Billigste ist nicht immer der Nachhaltigste.

Und in der Privatwirtschaft?

Das Thema wird dort immer wichtiger, auch im Zuge von Mitarbeiterfindung und Bindung: Bewerber legen immer häufiger Wert auf nachhaltig geführte Unternehmen. So müssen sich die Unternehmen nicht nur in Punkto „work-life-Balance“, sondern auch in Sachen Nachhaltigkeit präsentieren, um als attraktiver Arbeitgeber zu punkten.

Wie ist die Rhein-Neckar-Region in Sachen Nachhaltigkeit aufgestellt?

Die Rhein-Neckar-Region ist aus meiner Sicht gut aufgestellt: Kurze Wege in die Städte mit der Unterstützung des Nahverkehrs, gut ausgebaute Verkehrs- und Radwege sowie eine gut ausgebaute Verbindung zu weiteren Metropolen wie Stuttgart und Frankfurt sowie deren Flughäfen. Aber auch die Bildungseinrichtungen mit ihren Universitäten oder die medizinische Versorgung ist vorbildlich und dementsprechend sehr nachhaltig für die Bewohner und Arbeitnehmer des Rhein-Neckar-Kreises beziehungsweise der Metropolregion Rhein-Neckar.

Und was macht den Standort allgemein für Sie aus?

Hier haben sich viele starke und globale Unternehmen mit ihrem Firmensitz regional angesiedelt. Es ist also ein großer Markt da, aber natürlich auch eine große Konkurrenz. Für Arbeitnehmer und ihre Familien gibt es hier ein gutes Angebot auch außerhalb des Business, in Sport und Kultur, zudem eine schöne Landschaft, und auch die Anbindung durch eine tolle Infrastruktur ist vorbildlich.

Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Ich würde mir eine bessere Vernetzung und Kommunikation zwischen den Akteuren in der Region wünschen – also zwischen Verbänden, Gesellschaften, Kammern und der Wirtschaftsförderung. Es gibt viele gute Angebote, aber viele davon auch mehrfach, und das frisst Ressourcen und nimmt Aufmerksamkeit. Es wäre wünschenswert, wenn weniger Veranstaltungen gäbe, dafür aber intensivere, indem man stärker gemeinsam agiert. Unsere Veranstaltung am 21. September ist da eigentlich ein gutes Beispiel, weil hier der Kreis zusammen mit den Städten Mannheim und Heidelberg noch viele weitere Akteure zum Thema Klimaschutz durch Digitalisierung zusammenbringt. So sollte es eigentlich öfter laufen.

Weitere Informationen

Kontakt

Dr. Anja Brandt
Stabsstelle Wirtschaftsförderung
06221 522-2167
a.brandt@rhein-neckar-kreis.de

(Erstellt am 16. September 2022)