„Eigentlich gar nicht schwer“

Kristian Mansfeld lacht in die Kamera. Er trägt ein schwarzes Polo-Shirt und eine schwarze Brille.
"Die ersten 60 bis 80 Prozent kann man selbst leisten – und für den Rest gibt es zahlreiche Hilfestellungen", sagt Kristian Mansfeld. Bild. Mansfeld

Kristian Mansfeld vom IT-Systemhaus ZEBES in Heddesheim erklärt, wie Softwarelösungen zur CO2-Reduktion beitragen können, welche Hilfestellungen es gibt – und wie weit man in Sachen Klimaschutz schon mit dem gesunden Menschenverstand kommen kann.

Nachhaltige IT kennt man im Bereich der Hardware – welche Möglichkeiten gibt es im Bereich der Software?
Da gibt es sogar sehr viele Möglichkeiten. Ein großes Thema ist es, Fahrtwege zu reduzieren – jede Videokonferenz, die wir machen, anstatt etwa zum Kundenbesuch von Heddesheim nach Hamburg zu fahren, spart CO2. Kollaborationslösungen sind vor diesem Hintergrund ebenfalls ein Aspekt, bei dem wir aktiv werden können. Ein weiterer Punkt sind Dokumentenmanagementsysteme: Die machen Papier überflüssig, das schont Wälder und spart CO2 und Wasser, das sonst in der Herstellung anfällt. Natürlich liegen die Daten dann auch zentral, sie müssen also beispielsweise nicht mehr zum Steuerberater gebracht werden, denn der greift einfach auf das System zu – auch das reduziert wiederum Fahrtwege.

Das heißt, IT-Lösungen können bisherige Praktiken ersetzen…
Man kann IT-Lösungen aber auch sehr gut einsetzen, um bestehende Prozesse zu optimieren und so CO2 einzusparen: Beispielsweise sind wir derzeit in einem Projekt für einen Kunden mit der softwaregestützten Routenoptimierung beschäftigt, sodass Vertriebsmitarbeiter Standorte gezielter anfahren. Und dann gibt es natürlich auch noch softwaregestützte Produktionsvorgänge, die beispielsweise bewirken, dass es weniger Ausschuss gibt. Auch bei Maschinen selbst können wir durch entsprechende Systeme Vorhersagen machen, wann etwas kaputtgehen könnte, die Wartungsintervalle anpassen und so Ersatzanschaffungen vermeiden.

Muss der Kunde für mehr Nachhaltigkeit auch mehr bezahlen oder trägt sich das Engagement sogar selbst?
Die klassische Consultingantwort wäre jetzt „Es kommt drauf an“. Wenn wir uns bei der Hardwarebeschaffung umschauen, ist das mindestens kostenneutral, eher spart man Geld durch seltenere Anschaffungen und geringere Lebenszykluskosten. Bei Softwarelösungen spare ich Zeit, Sprit, Verschleiß von Fahrzeugen und anderem Material. Auch Arbeitszeit wird reduziert und gegebenenfalls – etwa bei Cloud-statt Papier-Archiven oder mobilem Arbeiten – sogar Raumbedarf und damit Miete, Heizkosten und so weiter.

Inwiefern ändert sich die Arbeit für Sie als Anbieter, wenn Sie den Aspekt der Nachhaltigkeit in den Blick nehmen?
Bei uns hat es damit begonnen, dass wir uns mit Lieferanten- und Produktauswahl beschäftigt haben. Das fing ganz im Kleinen im eigenen Betrieb an, etwa mit der Frage, welche Seifen und Spülmittel wir im Haus benutzen, ging dann aber ganz schnell weiter zum Einkauf auch für Kunden: Dabei achten wir auf Green-IT-Labels oder Eco-Labels. Das hat vor allem mit Achtsamkeit zu tun, ist eigentlich keine Kostenfrage. Im Vertrieb und im Consulting müssen die Kolleg*innen darauf geschult sein, dass sie das Thema mit in den Blick nehmen, das ist also eine Frage der Ausbildung – und vielleicht auch der generellen Einstellung. Deshalb haben wir auch bei der ECOfit-Kampagne mitgemacht, dem Programm zum nachhaltigen Wirtschaften.

Gibt es Herausforderungen, die beim Einsatz nachhaltiger IT erst überwunden werden müssen?
Eigentlich nicht – das muss man einfach machen! Im Grunde reicht für Vieles auch der gesunde Menschenverstand. Ich brauche mittlerweile keinen professionellen Lichtplaner mehr, um zu wissen, dass LED-Leuchten weniger Strom verbrauchen. Die ersten 60 bis 80 Prozent kann man selbst leisten – und für den Rest gibt es zahlreiche Hilfestellungen.

Von wem?
Es gibt überall die entsprechenden Produkte, es gibt Hilfestellungen durch die Gemeinden, vom Landkreis und von Unternehmen. Wir haben beispielsweise bei der ECOfit-Kampagne mitgemacht, da gibt’s jetzt auch ein Nachfolgeprogramm. So etwas würde ich auch anderen Unternehmen sehr deutlich empfehlen. Wir hatten vieles schon angedacht und umgesetzt, aber trotzdem noch ein paar sehr gute Anregungen bekommen. Und am Ende ein Zertifikat – das kann bei Ausschreibungen auch wichtig werden.

Inwiefern?
Es gibt diverse Umweltmanagement-Systeme. Wenn ich als Lieferant mit denen zusammenarbeiten möchte und die wollen nur noch mit zertifizierten Anbietern arbeiten, dann muss ich mich anpassen. Das ist ein Aspekt, den man als Unternehmen mit im Blick halten muss. Im Auftragsvergabeprozess wird das eine zunehmende Rolle spielen. Ich weiß von mehreren Unternehmen, die sich mittlerweile zertifizieren lassen, um Vorteile bei Vergabeverfahren zu erhalten.

Das heißt, es gab einen Mentalitätswandel in den letzten Jahren?
Auf jeden Fall. Als „Green IT“ als Begriff aufkam, hat das noch niemanden interessiert. Aber inzwischen wird nicht mehr nur nach dem günstigsten Einkaufspreis eingekauft, sondern es werden Geräte angefragt, die vielleicht in der Anschaffung teurer sind, dafür aber länger halten. Auch bei Servern: Hier geht es um Reparierbarkeit, lange Garantien und Wartungsverträge – alles Maßnahmen, die bewirken sollen, dass das Gerät lange in Gebrauch sein kann. Natürlich darf man bei all dem nicht vergessen: Der Nachhaltigkeitsaspekt geht Hand in Hand mit der Kostenfrage. Die meisten unserer Kunden melden sich nicht mit dem Anliegen, dass sie nachhaltiger sein möchten, sondern dass sie ihre Prozesse optimieren wollen, und dann wird das gleich mitgefahren. Allerdings sind die meisten von ihnen auch offen gegenüber Vorschlägen, das jeweilige Projekt um wenige Schritte zu erweitern, damit man noch deutlich nachhaltiger wird.

Wo können Sie in Sachen Nachhaltigkeit den größten Hebel ansetzen?
Der Punkt, bei dem ich am meisten eingreifen kann in Unternehmen, sind die Prozesse. Das muss aber kontinuierlich geschehen. Wenn man nur einmal eine große Kraftanstrengung macht, ist das Ganze nach zwei Jahren verpufft. Aber wenn man kontinuierlich darauf achtet, schon von Anfang an, etwa beim Einkauf, gibt es nicht nur in der IT die Möglichkeit, mit wenig Aufwand Großes zu erzeugen. Das muss vom Management nach vorne in die Köpfe der Mitarbeiter implementiert werden, dann denkt man da dran. Auch bei uns ist das ein fester Punkt in den wöchentlichen Meetings, und unsere Mitarbeiterschaft trägt das begeistert mit. Und irgendwann ist das Routine. Eigentlich gar nicht schwer.

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Kontakt

Dr. Anja Brandt
Stabsstelle Wirtschaftsförderung
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