Workshop zur Verbesserung der ländlichen Nahversorgung

Rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem lokalen Gewerbe brachten ihre Ideen beim Workshop Intelligente Marktplätze ein.

Intelligente Marktplätze: In Lobbach brachten nun rund 50 Gewerbetreibende ihre Ideen zur Verbesserung der Nahversorgungssituation im ländlichen Raum ein.

Fast 50 Interessierte kamen am 28. Februar zum Projektworkshop „Intelligente Marktplätze“ in der Manfred-Sauer-Stiftung in Lobbach zusammen, um sich über ein geplantes regionales Bestell- und Liefernetzwerk auszutauschen. Darunter waren zahlreiche Betriebe aus dem Lebensmittelhandwerk und dem Einzelhandel, aber auch Apotheken. Im Rahmen des Modellprojekts „Intelligente Marktplät-ze“ möchte der Rhein-Neckar-Kreis gemeinsam mit den beiden Modellgemeinden Schönbrunn und Spechbach ausloten, welche Chancen die Digitalisierung für den Ländlichen Raum bietet.

Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie die Nahversorgung, also die örtliche Verfügbarkeit von Lebensmitteln sowie sonstigen Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs, verbessert und der regionale Handel gestärkt werden kann. Hierfür hatte die Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises bereits im vergangenen Jahr Fördermittel aus dem europäischen LEADER-Programm einwerben können. Diese werden  für eine derzeit laufende Konzept- und Machbarkeitsstudie eingesetzt, die in einem intensiven Bürgerbeteiligungsprozess gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung und der CIMA Beratung + Management GmbH aus Stuttgart erarbeitet wird.

Florian Gillwald von der CIMA machte beim jüngsten Projektworkshop deutlich, dass durch bestehen-de Konzepte der vielerorts zu beobachtende Trend einer Ausdünnung ländlicher Versorgungsstruktu-ren nur bedingt aufgehalten werden kann. Insbesondere in kleineren Gemeinden wie Spechbach oder Schönbrunn mit ihrer niedrigen Kaufkraft müsse man daher versuchen, neue Wege zu gehen. Diesen Faden griff Dr. Christian Bartelt vom Institut für Enterprise Systems an der Universität Mannheim auf: Er möchte mit seinen Mitarbeitern ein app-basiertes Bestell- und Liefernetzwerk entwickeln, dass den Menschen auf dem Land eine flexiblere Versorgung ermöglicht und anders als bei bereits bestehen-den Apps vor allem die Möglichkeit eines sozialen Treffpunktes, die Mobilität und das Problem der „Letzten Meile“ berücksichtigt. Entsprechend sollen Bürger und  Gewerbetreibenden aus der Region von Anfang an mit einbezogen werden.

Vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten für das regionale Gewerbe

Konkret sieht dieser neue Ansatz drei mögliche Rollen für Gewerbetreibende vor:

  1. Als Produktanbieter: Durch die Vermarktung von Produkten über die Online-Bestellplattform können Gewerbetreibende ihre digitale Sichtbarkeit verbessern und im besten Fall auch einen größeren Kundenkreis erreichen und damit ihre Absatzchancen verbessern.
  2. Als Betreiber eines lokalen Bestell- und Abholtreffpunktes: Durch die Einrichtung eines Bestell- und Abholtreffpunktes können z.B. bestehende Läden ihre Kundenfrequenz steigern oder auch Leerstände wieder mit Leben gefüllt werden. Im ersten Schritt soll die Erprobung solcher Bestell- und Abholtreffpunkte in den beiden Modellgemeinden Schönbrunn und Spechbach angegangen werden. Nach erfolgreicher Testphase könnte das Konzept aber auf weitere Gemeinden übertragen werden und auch dort zu einer Stärkung sozialer Treffpunkte beitragen.
  3. Als Anbieter von Transportkapazitäten: Viele Gewerbetreibende der unterschiedlichsten Branchen im Ländlichen Raum haben ein hohes Fahrtaufkommen, beispielsweise wenn sie einen eigenen Lieferservice anbieten. Die Beteiligung am Liefernetzwerk bietet die Chance, untergenutzte Kapazitäten durch Fahrten, die ohnehin stattfinden, besser auszulasten und die eigenen Fahrtkosten dadurch zu senken.

Ziel des Modellprojektes ist es, ein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell zu erarbeiten, das für jede der drei beteiligten Akteursgruppen einen Zusatznutzen im Vergleich zur gegenwärtigen Situation stiftet. Um dies zu ermöglichen soll ein möglichst intelligentes Netzwerk geschaffen werden, bei dem man beispielsweise als Transporteur nur Lieferanfragen zu Abholtreffpunkten erhält, die zeitlich und örtlich auch tatsächlich zu den eigenen Fahrtrouten passen und somit keinen größeren Mehraufwand verursachen. Wichtig ist außerdem: Die hierfür verwendeten Daten sollen ausschließlich auf dem eigenen mobilen Endgerät verarbeitet und nicht an Dritte übertragen werden. Als Transportinfrastruktur werden zu Beginn voraussichtlich etwa 90 isolierte Boxen zur Verfügung stehen, die mit einem Sensor zur Überwachung der Kühlkette ausgestattet sind.
 
In der Pilotphase wird zunächst nur eine begrenzte Zahl von Testnutzerinnen und -nutzern auf das Bestell- und Liefersystem zugreifen können. Ihre Rückmeldungen und Erfahrungen sollen dann in die Weiterentwicklung und Optimierung des Systems einfließen, bevor es für einen breiteren Nutzerkreis zugänglich gemacht werden kann.
 
„Wir freuen uns, dass wir mit unserem Projekt ‚Intelligente Marktplätze‘ einen Dialog zur Zukunft der Nahversorgung anstoßen konnten“, so Denis Guth, Projektleiter bei der Stabsstelle Wirtschaftsförderung. „Eine funktionierende, nachhaltige Nahversorgung ist ein wichtiger Faktor für die Attraktivität ländlicher Gemeinden. Deshalb sind wir froh, dass das innovative Modell der Universität Mannheim nun hier im Rhein-Neckar-Kreis erprobt und weiterentwickelt werden soll.“

Weitere Informationen:
Bedarfsanalyse "Intelligente Marktplätze im ländlichen Raum"

Kontakt:
Denis Guth
Stabsstelle Wirtschaftsförderung
06221 522-2497
denis.guth@rhein-neckar-kreis.de

(Erstellt am 06. März 2018)